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Grüningen
01.12.2025
01.12.2025 15:52 Uhr

«Wir wollen zuerst einmal ankommen»

Nikos Papanikolaou (links) und Reto Mauerhofer freuen sich auf das neue Engagement im Landgasthof Adler.
Nikos Papanikolaou (links) und Reto Mauerhofer freuen sich auf das neue Engagement im Landgasthof Adler. Bild: Martina Gradmann
Ab Anfang Februar wird der Landgasthof Adler von zwei neuen Gastgebern geführt. Nikos Papanikolaou und Reto Mauerhofer möchten den Betrieb vorerst so weiterlaufen lassen wie bisher, auch mit den jetzigen Mitarbeitenden.

Einige kennen sie schon, die neuen Besitzer des Landgasthof Adler in Grüningen. Das ist einerseits Reto Mauerhofer, Jurist mit eigener Kanzlei in Zürich und Geschäftsführer und Stiftungsrat der Peter Monteverdi Automobilbau Stiftung, und Nikos Papanikolaou, der in Bern die Gastronomiefachschule absolviert und sich in Verkauf und Betriebswirtschaft weitergebildet hat. Während Mauerhofer die Administration übernehmen wird, wird Papanikolaou sich an der Front um Gäste und Mitarbeitende kümmern.

Zürioberland24: Gastronomiebetriebe sind nicht unbedingt beliebte Investionsprojekte. Weshalb haben Sie den «Adler» gekauft?

Reto Mauerhofer: Ich hatte immer wieder mit Mandaten für Gastronomiebetriebe zu tun, besass selbst ein Hotel, und gemeinsam mit Nikos haben wir das Restaurant «zum Trauben» in Küsnacht geführt. Wir mussten dort allerdings schliessen, weil die Vermieterschaft ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Die Besitzer wollten nicht in die Kücheninfrastruktur investieren, obwohl das eindeutig nötig war.

Papanikolaou: Beim Gasherd funktionierte die Flamme nicht richtig, es konnte nie die benötigte Temperatur erreicht werden. Ich habe Abklärungen mit dem Gaswerk gemacht, doch der Gasdruck war nicht das Problem.

Mauerhofer: Es ging einfach nicht vorwärts, unser Koch konnte nicht richtig arbeiten und es war klar, wenn der Besitzer keinen neuen Herd finanzieren will, müssen wir die Verträge künden. Wir hatten schon viel Geld in Mobiliar und Inneneinrichtung gesteckt, die Kücheninfrastruktur war nicht unsere Sache. Wir zogen einen Schlussstrich und hoben den 10-Jahresvertrag im gegenseitigen Einvernehmen auf. Die Vermieterinnen verpflichteten sich vertraglich, kein neues Restaurant mehr einzurichten. Wir wollten aber wieder einen Gastronomiebetrieb führen. Dank der Unterstützung eines befreundeten Ehepaars aus der Küsnachter Zeit, konnten wir den Kauf eines Gastronomiebetriebes in Erwägung ziehen und Nikos begann zu suchen.

Nikos Papanikolaou: Ich hatte die Ausschreibung vom Adler schon früher gesehen, doch dann haben wir uns für die Traube entschieden. Nach dem enttäuschenden Aus habe ich gesehen, dass der Adler immer noch zum Verkauf stand. Wir trafen uns zum ersten Mal Anfang Mai, um zu sehen, ob es für uns in Frage kommt.

Mauerhofer: Wir besprachen uns mit dem Küsnachter Ehepaar, bekamen ihre Zusicherung und konnten in die Verkaufsverhandlungen starten. Zusammen mit der Parkplatz-Parzelle und der dazugehörigen Scheune haben wir uns mit den Baumanns auf einen Paketpreis geeinigt.

Im Dorf fragen sich viele, wer so viel Geld in einen Gastronomiebetrieb investiert.

Papanikolaou: Geld ist oftmals schon vorhanden, doch nicht immer Inhaber, die auch den Betrieb führen wollen. Nach dem Erlebnis in der Traube, kam Pachten für uns nicht mehr in Frage.

Mauerhofer: Ich konnte zum Glück immer in eigenen Liegenschaften wohnen, auch mit meiner Kanzlei. Die Pacht in der Traube war für mich eine traumatische Erfahrung, die ich nicht noch einmal machen möchte. Deshalb wollten wir jetzt nur noch etwas kaufen. Die Bedingung des Ehepaars, das sich finanziell beteiligt, war, dass ich mich beruflich aus der Juristerei zurückziehe und nur noch wenige Projekte begleite. Meine Kanzlei ist ein kleines, familiär geführtes Unternehmen. Doch ich werde nächstes Jahr siebzig und habe die meisten Mandate meinem Büropartner übertragen. Hier im Adler werde ich die Administration übernehmen.

Papanikolaou: Ich bin sehr froh, dass Reto diese Arbeit im Hintergrund übernimmt, während ich vor allem an der Front sein werde. Aber natürlich werde ich mich genauso ins Backoffice einarbeiten.

«Wir möchten in den Adler auch Kunst und Kultur bringen.»
Reto Mauerhofer

Der Adler ist ein gut laufender Betrieb mit Hotelzimmern und an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Werden Sie das beibehalten?

Papanikolaou: Ja, das werden wir beibehalten. Wir werden zu 99 Prozent alles so übernehmen und erst einmal weiterlaufen lassen. Erneuerungen wird es erstmal nur im technischen und digitalen Bereich geben, wie zum Beispiel bei der Zeiterfassung und bei den Kassensystemen.

Mauerhofer: Wir möchten in den Adler auch Kunst und Kultur bringen. Das heisst, Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit geben, bei uns ihre Werke auszustellen. Das habe ich schon in meinem Hotel und auch in der Traube gemacht. Was sicher anders wird, ist die Dekoration. Wir haben sehr viel Kunst gesammelt und möchten diese hier einer breiten Bevölkerungsschicht präsentieren.

Papanikolaou: Wir wollen den Betrieb nicht auf den Kopf stellen, im Gegenteil. Der Adler läuft mit seinem jetzigen Angebot sehr gut und das wollen wir nicht ändern, sonst würden wir nur Mitarbeitende und Gäste vor den Kopf stossen. Das wollen wir nicht.

«Kleine Anpassungen wird es sicher geben, aber im Grundsatz werden wir nicht viel ändern. Wir möchten aus dem Adler auch kein Gourmet-Restaurant machen.»
Nikos Papanikolaou

Sie haben nicht nur den Betrieb gekauft, sie übernehmen auch die Mitarbeitenden.

Papanikolaou: Ja, wir übernehmen so gut wie alle Mitarbeitenden. Sie waren zum Glück alle sehr offen uns gegenüber. Es ist ein Gewinn, dass der Betrieb somit reibungslos weiterläuft, hoffentlich. Und anfangs ist ja Harry Baumann auch noch da…

Werden Sie auch das kulinarische Angebot so belassen?

Papanikolaou: Ich habe mich mit dem Küchenchef ausgetaucht, kleine Anpassungen wird es sicher geben, aber im Grundsatz werden wir nicht viel ändern. Vielleicht Nuancen, wie ein bisschen mediterranes Flair, neben der gut bürgerlichen Schweizer Küche. Gourmetpunkte streben wir nicht an, möchten einem Küchenchef mit Ambitionen aber auch nicht im Weg stehen. Wir möchten aus dem Adler jedoch kein Gourmet-Restaurant machen.

Grüningen, das ist eine andere Klientel als in Küsnacht. Worauf stellen Sie sich ein?

Papanikolaou: (lacht), dem sind wir uns sehr bewusst. Wir wollen die Gäste verwöhnen, egal ob in Küsnacht oder Grüningen.

Mauerhofer: Ich bin in Basel aufgewachsen und kein Landkind. Ich habe das allerdings im Glarnerland erlebt, wo ich mit einem ehemaligen Partner das Hotel Löwen führte. Glarus hatte damals gesamthaft 38'000 Einwohnende. Wenn man also in Mollis etwas gesagt hat, haben sie das in Glarus gehört. Grüningen ist sicher anders, hat eine schöne Umgebung und auch kulturell einiges zu bieten, was uns sehr gefällt. Landschaftlich ist es ähnlich wie Küsnacht, die Klientel ist aber sicher anders.

Im Adler wird ein Jass geklopft, man trifft sich am Stammtisch und Vereine halten ihre Sitzungen hier ab. Wird sich daran etwas ändern?

Papanikolaou: Nein, das wird so bleiben, sofern es keine Friktionen mit anderen Anlässen oder Banketten gibt. Deshalb haben wir Harry Baumann auch gesagt, dass er weiterhin Reservationen für das neue Jahr annehmen kann.

Mauerhofer: Uns gefällt auch, dass der Adler ein historisches Gebäude ist und keinen Raum für Spekulation mit An- oder Neubauten zulässt.

Und doch war wohl der Einbau von Wohnungen auch einmal ein Thema…

Mauerhofer: Ich glaube nicht, dass das hier möglich wäre. Wir wissen aber, dass ein anderer Bewerber im Rennen war, der wohl andere Pläne mit dem Adler hatte. Die Baumanns haben uns dann in unseren Ferien kontaktiert und wir haben schnell den Entscheid gefällt. Wir wissen aber, dass wir sehr viel Arbeit vor uns haben.

Nicole und Harry haben viel im Betrieb gearbeitet. Wie wird das bei Ihnen aussehen?

Mauerhofer: Ich koche zwar leidenschaftlich gerne, werde aber nie für den Küchenchef einspringen können. Ich werde mich, wie gesagt, um das Administrative kümmern und Nikos wird an der Front sein. Natürlich haben uns Bekannte auch gefragt, ob wir uns das noch antun wollen. Wir wissen, dass es keine einfache Aufgabe ist, freuen uns aber sehr darauf. Wir hoffen jetzt, dass die Grüningerinnen und Grüninger ein Männerpaar akzeptieren werden. Wir teilen unser Leben und dies wird unser gemeinsames Lebenswerk.

Papanikolaou: Wir werden uns Zeit nehmen, unsere Gäste kennenzulernen und sie uns. Zuerst möchten wir aber unsere Mitarbeitenden besser kennenlernen, damit das Ganze gut weiterlaufen kann.

Mauerhofer: Das ist auch der Unterschied zur Traube, die ein Jahr leergestanden hatte, bevor wir sie übernommen haben. Wir investierten viel Zeit und Geld in diesen Betrieb, umso bitterer war dann auch das Ende.

Grüningen hat eine relativ hohe Restaurantdichte. Macht ihnen das Sorgen?

Papanikolaou: Eigentlich nicht. Die Gastronomie ist im Wandel und es gibt immer mehr Tankstellenshops und Take-Aways. Man kann sich immer und überall verpflegen. Um hier Gegensteuer zu geben, muss man sein Angebot entsprechend gestalten. Der Adler hat den Vorteil, dass er eine gewisse Grösse hat und man das Angebot breiter fahren kann. Take-Aways gehen schnell auf, aber auch schnell wieder zu. Hier können Gäste im Restaurant, im Stübli, im Garten oder an der Bar sitzen und wir können Bankette anbieten. Wir haben hier viel grössere Auswahlmöglichkeit. Ich bin überzeugt, auch die Jungen werden irgendwann wieder die klassische Gastronomie zu schätzen wissen.

Mauerhofer: Wir haben selbst auch immer wieder sehr viel Geld in der Gastronomie ausgegeben. Heute gibt es für mich aber eine Schallgrenze. Wenn man 500 bis 600 Franken für ein Essen pro Person ausgeben muss, ist das einfach übertrieben. Wir wollen deshalb das Betriebskonzept so weiterführen, wie es ist. Natürlich werden auch wir wirtschaftlich kalkulieren, wir müssen ja auch Löhne und Betriebskosten finanzieren. Auch das investierte Kapital muss verzinst werden.

Was haben Sie mit der Scheune vor?

Papanikolaou: Es stehen ein paar Ideen im Raum, wie Fondue und Raclette im Winter und vielleicht Pizza und Pasta für Familien im Sommer. Aber das steht im Moment nicht im Vordergrund, zuerst muss der Betrieb hier gut weiterlaufen, erst dann werden wir uns mit der Scheune beschäftigen.

Mauerhofer: Die Baumanns hatten ein Konzept für weitere Hotelzimmer, das wir uns sicher ansehen werden. Im Moment steht das aber nicht auf unserer Prioritätenliste.

«Wir werden versuchen, ein paar Akzente zu setzen, damit die Gäste sehen: Hier ist etwas Neues passiert.»
Nikos Papanikolaou

Werden Sie weiterhin die lokalen Lieferanten berücksichtigen?

Papanikolaou: Wenn es passt und die Qualität geliefert wird, die wir uns wünschen, auf jeden Fall. Auch die Grüninger Weine werden auf der Karte bleiben, das Weinangebot den Gästen dann vielleicht in Form eines Tablets abgeben. Noch ist das aber nicht definitiv. Wir werden versuchen, ein paar Akzente zu setzen, damit die Gäste sehen: Hier ist etwas Neues passiert.

Die beiden neuen Gastgeber des Landgasthof Adler, Reto Mauerhofer und Nikos Papanikolaou waren bis vor Kurzem Pächter des Restaurant zum Trauben in Küsnacht. Weil die Vermieterschaft ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen war, mussten die beiden ihren Vertrag auflösen. Im Video von TeleTop erzählen sie, wie es dazu kam.

Video zur Schliessung der Traube in Küsnacht (TeleTop)

Martina Gradmann
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