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Kommentar
Wetzikon
03.10.2025
03.10.2025 12:28 Uhr

Fall GZO: Wir bluten so oder so

Die Transfusion von 50 Millionen Franken wird nicht ausreichen. Die Bevölkerung zahlt so oder so einen hohen Preis. (Symbolbild)
Die Transfusion von 50 Millionen Franken wird nicht ausreichen. Die Bevölkerung zahlt so oder so einen hohen Preis. (Symbolbild) Bild: AdobeStock
Die 50 Millionen Franken an Steuergeldern, welche die Aktionärsgemeinden in das marode GZO einspeisen sollen, wird das Spital nicht retten. Es wird die Steuerzahler aber so oder so noch lange belasten. Ein Kommentar von Barbara Tudor.

Viele sind empört, dass der Kanton es im Frühling 2024 abgelehnt hat, mit 180 Millionen Franken in die Bresche zu springen. Doch das greift zu kurz.

Die Aufgabe der Gesundheitsdirektion ist mit heutigem Gesetz nicht die Finanzierung von Spitälern. Und es ist schon gar nicht die Aufgabe des Kantons, Löcher zu stopfen, die durch Misswirtschaft, planerisches Versagen, ja vielleicht sogar durch Arroganz und Hochmut verursacht wurden.

Im Volksmund heisst es schnell «Der Kanton soll zahlen». Doch dabei scheint vergessen zu gehen, wer «der Kanton» ist. Das ist nicht irgendein fernes Gebilde, ein Konstrukt, das wie von Zauberhand Riesensummen zur Verfügung stellen kann. Der Kanton, das sind wir alle. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – Private, Organisationen, Firmen.

Megabau ohne Eigenkapital

Die Schuldige am GZO-Fiasko ist nicht die Gesundheitsdirektion oder Natalie Rickli in Person. Die Schuldigen sind allen voran jene Leute im GZO Management, die ohne Eigenkapital einen fragwürdigen Megabau in der Höhe von 170 Millionen starteten.

Man muss kein Finanzexperte sein, um zu erkennen, dass das nicht aufgehen konnte: Die Anleihe über 170 Millionen Franken musste nach zehn Jahren zurückgezahlt werden. Auf ein Jahr heruntergerechnet sind das 17 Millionen Franken, die das Spital als Rückstellung sozusagen hätte aufs Sparkonto legen sollen. Doch das GZO erwirtschaftete kaum je einen solchen Gewinn pro Jahr. Dann einfach kurz vor Ablauf der Rückzahlungsfrist die hohle Hand beim Kanton zu machen, ist verwerflich.

«Die Schuldige am GZO-Fiasko ist nicht die Gesundheitsdirektion oder Natalie Rickli in Person. Die Schuldigen sind allen voran jene Leute im GZO-Management, die ohne Eigenkapital einen fragwürdigen Megabau in der Höhe von 170 Millionen starteten.»
Barbara Tudor

Dramatisch verkalkuliert

Dramatisch verkalkuliert haben sich GZO-Verwaltungsrat und -Geschäftsführung auch in der Bauzeit. Wie kann es sein, dass ein an sich überschaubarer Bau auch nach etlichen Jahren noch nicht fertig ist, ja sogar nur zu etwa 70 Prozent fertiggestellt ist?

Noch schlimmer: Mit den 170 Millionen Franken hätte nicht nur der Neubau entstehen, sondern auch das in die Jahre gekommene GZOHochhaus
saniert werden sollen. Der Turm steht noch so da wie einst...

Fahrlässig gehandelt haben auch jene Kapitalgeber, die – ohne Sicherheiten – Anleihen für das Vorhaben gekauft haben. Kapitalgeber wie Pensionskassen notabene, welche die Altersrenten der Schweizerinnen und Schweizer verwalten. Wenn ein normaler Bürger und braver Steuerzahler ein Haus bauen will, muss er mindestens 25 bis 30 Prozent Eigenkapital mitbringen. Beim GZO aber schien das keine Rolle zu spielen.

«Mit welchen konkreten Massnahmen und Kontrollmechanismen wird sichergestellt, dass so was nie wieder passieren kann?»
Barbara Tudor

Wo waren die Gemeinden?

Kritische Fragen müssen wir auch an die Verantwortlichen in den zwölf Aktionärsgemeinden stellen – an die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Haben sie sich vom Traum eines supermodernen Spitals im Zürcher Oberland blenden lassen? Wollte man grösser sein, als man ist? Haben sie zu wenig genau hingeschaut? Im Fall von Gossau war das kein Wunder, wenn der Gemeindepräsident gleichzeitig VR-Präsident der GZO AG war...

Die noch viel wichtigere Frage aber lautet: Was haben sie aus der Sache gelernt? Mit welchen konkreten Massnahmen und Kontrollmechanismen wird sichergestellt, dass so was nie wieder passieren kann? Denn Vertrauen reicht nicht, wie die Vergangenheit zeigt. Genau hinschauen, kritisch hinterfragen, wie der hart verdiente Steuerfranken der Bevölkerung eingesetzt wird, ist heute wichtiger denn je.

«Die Zürcher Oberländer Bevölkerung steht heute nicht nur mit einem maroden Spital da, sondern dürfte in naher Zukunft weiter zur Kasse gebeten werden.»
Barbara Tudor

Ein Fass ohne Boden

Wir müssen uns bewusst sein: Mit der Zahlung von 50 Millionen Franken ist es bei weitem nicht getan. Die Zürcher Oberländer Bevölkerung steht heute nicht nur mit einem maroden Spital da, sondern dürfte in naher Zukunft weiter zur Kasse gebeten werden. Die Aussage des Präsidenten der RPK Wetzikon, Sven Zollinger, es sei nicht die Frage, ob, sondern wann erneut Geld eingeschossen werden muss, trifft ins Schwarze.

Der neue Verwaltungsrat beteuert immer wieder, dass mit den 50 Millionen keine Schulden bezahlt werden, sondern das Spital in eine «nachhaltige und gesunde» Zukunft geführt werden könne. Doch wie das genau passieren soll – mit einem unfertigen Bau und einem sanierungsbedürftigen Hochhaus als Klotz am Bein –, konnte bislang niemand glaubwürdig erklären.

Auch müssen wir uns bewusst sein, dass die 50 Millionen nicht das einzige Schmerzensgeld sind. Geht es nach den Sachwaltern und dem GZO-Management, sollen alle Gläubiger auf 65 bis 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Auch da: Das ist nicht irgendwo fernab. Das schmerzt uns alle – direkt oder indirekt. Die Handwerker, die bis heute nicht für ihre Arbeit bezahlt wurden, in der Zeit aber Material und Mitarbeiter bezahlen mussten. Mitarbeitende, die auf ihr Geld warten. Einige von ihnen hat es bereits in den Ruin getrieben.

Währenddessen erhalten die VR-Mitglieder ihre Honorare wie gewohnt und die Sachwalter kassieren Unsummen, bei denen es dem normalen Bürger schwindelig wird. Und der alte Verwaltungsrat hat sich einfach so aus dem Staub gemacht, ohne Verantwortung zu übernehmen.

«Die Zeiten des GZO, wie wir es kennen, sind vorbei.»
Barbara Tudor

Wir müssen uns verabschieden

Das Debakel um das GZO ist da, er lässt sich nicht rückgängig machen. Bluten müssen wir so oder so. So gesehen spielt es keine Rolle, ob wir am 30. November ein Ja oder ein Nein in die Urne legen.

Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken: Die Zeiten des GZO, wie wir es kennen, sind vorbei. So gerne jeder von uns ein Spital «um die Ecke» hätte und so schön die guten Erinnerungen an einen Aufenthalt im GZO und an das engagierte Personal sind: Es ist nicht mehr finanzierbar. Das Zürcher Oberland braucht nicht zwei vollausgerüstete Spitäler im Umkreis von neun Kilometern. Das Zürcher Oberland braucht vor allem eine gute Notfallversorgung und eine solide Vernetzung mit anderen Spitälern.

Barbara Tudor