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Gossau ZH
15.11.2025
15.11.2025 16:07 Uhr

Beleuchtungs-Verbot: «Sanktionen nicht vorgesehen»

Vor dem 1. Advent ist Weihnachtsbeleuchtung in Gossau neu verboten. Systematisch kontrolliert werden soll es jedoch nicht. (Symbolbild)
Vor dem 1. Advent ist Weihnachtsbeleuchtung in Gossau neu verboten. Systematisch kontrolliert werden soll es jedoch nicht. (Symbolbild) Bild: Grok/KI
Die neue Polizeiverordnung von Gossau, die im Juli 2025 eingeführt wurde, verbietet das Einschalten von Weihnachtsbeleuchtung vor dem 1. Advent. Wir haben bei der Gemeinde nachgefragt, wieso.

In der neuen Polizeiverordnung, die seit Sommer 2025 gilt, wurde ein neuer Artikel eingefügt. Der verbietet das Anschalten von Weihnachtsbeleuchtung vor dem 1. Advent und schränkt zudem die Beleuchtungszeiten ein.

Wer wusste davon?

Wohl die Mehrheit der Gossauer Bevölkerung wusste nichts von dem neuen Artikel in der Polizeiverordnung. Auch die 232 Stimmberechtigten, die an der Gemeindeversammlung vom 18. November 2024 teilgenommen und von denen 122 Ja zur Polizeiverordnung sagten, dürften nichtsahnend dem neuen Artikel zur Weihnachtsbeleuchtung zugestimmt haben. Denn an besagter Gemeindeversammlung wurde zwar über Änderungen einzelner Punkte in der Polizeiverordnung informiert, nicht aber über neu aufgenommene Artikel. Dass die Mehrheit der Bevölkerung davon nichts wusste, zeigen auch die Reaktionen in den sozialen Medien, nachdem Zürioberland24 das Verbot publikgemacht hatte.

Interessant ist zudem, dass keine der umliegenden Gemeinden eine solche Einschränkung kennt. Weder Grüningen, Bubikon oder Hinwil, noch Städte wie Uster und Wetzikon (wir berichteten).

Wir haben beim zuständigen Gemeinderat und Ressortleiter, Salvatore Giorgiano, nachgefragt. Beantwortet hat die Fragen der Gemeindeschreiber Thomas-Peter Binder.

Was war der Grund, diesen Artikel neu aufzunehmen?

Thomas-Peter Binder: Die Bestimmung zur Weihnachtsbeleuchtung wurde im Rahmen der Totalrevision der kommunalen Polizeiverordnung eingeführt, um die Lichtemmissionen in der Winterzeit einzuschränken und den Umweltschutz zu fördern. Auslöser waren insbesondere einzelne Einwohnerinnen und Einwohner, die sich mit entsprechenden Anliegen an die Gemeinde gewandt hatten. Zudem sollen übermässige Lichtemissionen und mögliche Störfaktoren für Nachbarschaften und Tiere reduziert werden.

«Auslöser waren insbesondere einzelne Einwohnerinnen und Einwohner, die sich mit entsprechenden Anliegen an die Gemeinde gewandt hatten.»
Thomas-Peter Binder, Gemeindeschreiber von Gossau ZH

Gibt es eine Zahl dazu? Rechtfertigen vereinzelte Meldungen ein neues Gesetz, das tausende betrifft?

Die neue Regelung rechtfertigt sich durch ihren Nutzen. Sie bewirkt eine Reduktion der Lichtverschmutzung und des Energieverbrauchs.

Warum wurde an der Gemeindeversammlung über diesen neu in die Polizeiverordnung geschriebenen Artikel nicht explizit informiert?

Die totalrevidierte Polizeiverordnung wurde von der Gemeindeversammlung beschlossen. Die entspre­chenden Entscheidungsgrundlagen standen im Vorfeld digital auf der Website der Gemeinde zur Verfügung und konnten zudem am Schalter der Sicherheitsabteilung (Einwohnerdienste) eingesehen und bezogen werden.

Im Rahmen der Vorstellung des Geschäfts wurde gefragt, ob eine artikelweise Behandlung gewünscht sei – dies wurde verneint. Entsprechend erfolgte eine zusammenfassende Information über die Revision, und es bestand die Möglichkeit, Fragen und Anträge zur Vorlage zu stellen.

«Es bestand weder Notwendigkeit noch Anlass, auf alle der zahlreichen Änderungen im Detail einzugehen.»
Thomas-Peter Binder

Warum hat der Gemeinderat nicht von sich aus pro-aktiv an der Gemeindeversammlung auf den neuen Artikel hingewiesen und ihn entsprechend begründet? Gemeinderat Giorgiano hatte ja auch explizit auf die Änderungen der Parkordnung hingewiesen, nach der niemand speziell gefragt hatte. Warum also nicht auch über völlig neue Artikel?

Die Behörden haben eine Informationspflicht gegenüber den Stimmberechtigten. So müssen sie einen Beleuchtenden Bericht zu den Geschäften der Gemeindeversammlung verfassen. Dieser ist den Stimmberechtigten mindestens zwei Wochen vor der Gemeindeversammlung zur Kenntnis zu bringen. Dies wurde vorliegend – wie bei allen Geschäften – gemacht. Anhand der Synopse alt/neu konnten die Stimmberechtigten sehen, welche Bestimmungen der Polizeiverordnung gemäss Antrag des Gemeinderats geändert werden sollten.

Bei Art. 9 Lichtemmissionen findet sich die Bemerkung «neuer Artikel». Nachdem die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung vom 18. November 2024 darauf verzichtet hatten, alle Artikel der Polizeiverordnung einzeln durchzugehen, bestand weder Notwendigkeit noch Anlass auf alle der zahlreichen Änderungen im Detail einzugehen. Den Stimmberechtigten hätte es über dies freigestanden, Fragen zu Art. 9 zu stellen oder eine Diskussion zu verlangen, so wie dies beim Feuerwerksverbot von Art. 11 gemacht worden ist.

Warum wurde die Bevölkerung bislang nicht über diese Änderung informiert?

Nach dem Beschluss der Gemeindeversammlung wurde die totalrevidierte Polizeiverordnung ordnungsgemäss amtlich publiziert. Ebenfalls haben wir dazu Ende Juli auf unserer Website entsprechend kommuniziert und auch auf unseren Social-Media-Kanälen darüber informiert.

Die Gemeinde hat am 28. Juli 2025 in den sozialen Medien explizit auf die neue Regelung bezüglich lärmenden Feuerwerk hingewiesen. Auf die neue Regelung bezüglich Weihnachtsbeleuchtung hat die Gemeinde bis heute in den sozialen Medien jedoch nicht informiert. Warum nicht?

Ein Hinweis in den sozialen Medien hätte in der Tat dazu beigetragen, die neue Regelung breiter bekannt zu machen. Wie aber bereits erläutert, hat die Gemeinde auf die neue Polizeiverordnung Ende Juli inklusive Social Media und Website hingewiesen.

«Die Polizei wird nicht aktiv nach Verstössen suchen.»
Thomas-Peter Binder

Der Gemeinderat bezieht sich auf die amtlichen Publikationen. Anhand der Reaktionen in den sozialen Medien wird einmal mehr deutlich, dass solche amtlichen Publikationen schlicht nicht gesehen werden und offenbar auch die Kommunikation in den sozialen Medien nicht ausreicht. Warum werden die amtlichen Publikationen nicht prominent und als solche erkennbar auf der Gemeindeseite von Gossau platziert, wie es etliche andere Gemeinden tun und sogar noch Newsletter-Services anbieten mit entsprechenden Hinweisen?

Die Kommunikationsmassnahmen der Gemeinde Gossau werden fortlaufend auf ihre Wirkung hin überprüft und bei Bedarf angepasst. Ebenfalls sind die amtlichen Publikationen zentral auf unserer Startseite aufgeführt. 

Die Facebook-Seite der Gemeinde Gossau zählt gerade einmal 125 Follower, auf Instagram sind es 525. Ist der Gemeinderat der Meinung, dass dies bei ca. 8'500 Einwohnern ab 18 Jahren ausreicht?

Social Media ist Bestandteil des Kommunikationsmix der Gemeinde Gossau. Die Kanäle zeigen eine positive Entwicklung. Ihre Beachtung wächst kontinuierlich.

Wer kontrolliert die Einhaltung – Gemeinde oder Polizei?

Die Einhaltung der kommunalen Polizeiverordnung obliegt grundsätzlich der Polizei. Es ist jedoch nicht vorgesehen, dass systematische Kontrollen durchgeführt werden. Im Vordergrund stehen die Sensibilisierung und der Appell an die Eigenverantwortung.

Gerade in der Einführungsphase der neuen Regelung soll mit Augenmass vorgegangen werden. Vorrang hat ein situationsgerechtes Vorgehen, bei dem zunächst beobachtet wird, wie die Bevölkerung auf die neue Regelung reagiert und sich in Kenntnis der neuen Situation verhält.

Das bedeutet: Die Polizei wird nicht aktiv nach Verstössen suchen. Geht jedoch eine Meldung oder Beschwerde ein, nimmt sie den Sachverhalt auf und weist die betroffenen Personen zunächst auf die neue Regelung hin. 

In der Gemeinde brennen seit Tagen schon Beleuchtungen. Erhalten diese Bewohner nun eine Busse?

Es ist nicht beabsichtigt, in den ersten Wochen nach Inkrafttreten Sanktionen auszusprechen. Wo nötig, wird die Polizei das Gespräch suchen und die betroffenen Personen auf die neue Regelung aufmerksam machen.

«Sollten die Stimmberechtigten der Auffassung sein, die Regelung gehe zu weit, können sie mittels Initiative eine Änderung der Polizeiverordnung verlangen.»
Thomas-Peter Binder

Da keine aktiven Kontrollen stattfinden und auch keine Bussen geplant sind, was bringt dann ein solches Gesetz in der Polizeiverordnung? Wäre ein Appell von Seiten Gemeinderat an die Bevölkerung und die Situation zu beobachten, nicht zielführender gewesen?

Eine Verankerung in der Polizeiverordnung dürfte effektiver wirken als Appelle des Gemeinderats. Wie bereits ausgeführt, dient die Regelung dem Zweck, die Lichtimmissionen in der Winterzeit einzuschränken und den Umweltschutz zu fördern. Es gehört denn auch zur Aufgabe der Gemeinde, Meldungen über schädliche oder lästige Lichtimmissionen zu behandeln. Mit der Annahme der Polizeiverordnung wurde das Anliegen Reduktion der Lichtimmissionen durch die Gemeindeversammlung unterstützt. Sollten Stimmberechtigten nunmehr der Auffassung sein, die Regelung gehe zu weit, können sie mittels Initiative eine Änderung der Polizeiverordnung verlangen.

Der Weihnachtsmarkt von Gossau findet jeweils vor dem 1. Advent statt. Unseres Wissens wurde an dem Tag jeweils die Weihnachtsbeleuchtung der Gemeinde offiziell aktiviert. Wird das unter der neuen Regelung demnach nicht mehr der Fall sein?

Die neue Regelung schliesst die Weihnachtsbeleuchtung im Rahmen des Gossauer Weihnachtsmarkts nicht aus. Für öffentliche Anlässe oder besondere Situationen kann der Gemeinderat Ausnahmen bewilligen.

Da der Weihnachtsmarkt 2025 bereits seit längerer Zeit geplant war, hat der Gemeinderat für diesen Anlass eine einmalige Ausnahmebewilligung erteilt. Die entsprechende amtliche Publikation erfolgte am 10. Oktober 2025. Dies bedeutet, dass im Gebiet um den Weihnachtsmarkt-Standort Ernst-Brugger-Platz/Gemeindehaus-Areal die Weihnachtsbeleuchtung bereits ab Samstag, 29. November 2025, 6 Uhr, in Betrieb genommen werden darf.

Was sagt der Gemeinderat zum Umstand, dass keine der umliegenden Gemeinden – weder Grüningen, Hinwil, Bubikon, noch Städte wie Uster und Wetzikon – eine solche Regelung kennen?

Es ist grundsätzlich nicht am Gemeinderat Gossau, die Polizeiverordnungen anderer Gemeinden zu bewerten oder zu kommentieren. Nur soviel: Bubikon war die erste Gemeinde im Kanton Zürich, die lärmendes Feuerwerk verboten hat. Andere Gemeinden – so auch Gossau – sind diesem Beispiel gefolgt. Bei der Gossauer Lichtimmissionsregelung könnte es sich gleich verhalten.

Anmerkung der Redaktion: Das Feuerwerkverbot in Bubikon wie auch in den anderen Gemeinden, welche ein solches Feuerwerkverbot inzwischen eingeführt haben, entstand nicht durch die Initiative der Gemeinderäte, sondern durch Einzelinitiativen aus der Bevölkerung.

Barbara Tudor
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