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Wetzikon
30.10.2025
31.10.2025 00:12 Uhr

«Gehen Sie an die Urne!»

V.l.: Andreas Mika, Hansjörg Herren und Pascal Bassu informierten über die Abstimmungsvorlage und über die Pläne des GZO, wenn es mit dem Sanierungskonzept klappen sollte.
V.l.: Andreas Mika, Hansjörg Herren und Pascal Bassu informierten über die Abstimmungsvorlage und über die Pläne des GZO, wenn es mit dem Sanierungskonzept klappen sollte. Bild: Barbara Tudor
In einem Monat stimmt die Wetziker Bevölkerung über die GZO-Vorlage ab. Am Donnerstagabend fand eine Infoveranstaltung zum Thema in der reformierten Kirche Wetzikon statt.

Am 30. November 2025 wird in neun der zwölf Aktionärsgemeinden an der Urne über die 50-Millionen-Kapitalerhöhung zugunsten der GZO AG abgestimmt. Die Kleingemeinden Fischenthal, Grüningen und Seegräben haben der Vorlage bereits im Sommer 2025 an ihren Gemeindeversammlungen zugestimmt.

Einige der neun Gemeinden organisieren Informationsveranstaltungen, um die Bürgerinnen und Bürger über die Vorlage zu orientieren. Am Dienstag fand eine solche in Rüti ZH statt. Der Rütner Gemeinderat empfiehlt gemeinsam mit Bubikon die Ablehnung der Vorlage (wir berichteten). Am Donnerstagabend lud die Stadt Wetzikon in die reformierte Kirche ein. Anwesend waren wie in Rüti auch Vertreter der GZO AG.

GZO braucht 50 Millionen für Neustart

Die Reihen in der kalten Kirche füllten sich gegen 19 Uhr, und auch oben auf der Empore nahmen einige Interessierte Platz.

Stadtpräsident Pascal Bassu eröffnete die Veranstaltung und ging im Wesentlichen auf vier Kernfragen ein: Worüber wird abgestimmt, was bedeutet die Kapitalerhöhung für die Finanzen der Stadt Wetzikon, wofür wird das Geld verwendet und hat das Spital Wetzikon eine Zukunft?

Die GZO AG braucht flüssige Mittel, um den operativen Betrieb des Spitals weiterführen zu können. Der Gesamtbetrag von 50 Millionen Franken wird auf die 12 Aktionärsgemeinden aufgeteilt, die Anteile berechnen sich anhand der Bevölkerungszahl. Als grösste Aktionärsgemeinde im Verbund müsste Wetzikon mit rund 12,8 Mio. Franken am tiefsten in die Tasche greifen.

Der Stadtrat habe sich intensiv mit der Vorlage auseinandergesetzt und der Kapitalerhöhung zugestimmt. Auch das Parlament hat sich mit 26 Ja- zu 6 Nein-Stimmen und einer Enthaltung dafür ausgesprochen. Gegen die Vorlage hat sich die RPK ausgesprochen (wir berichteten).

«Wetzikon befindet sich in einer verhältnismässig guten Situation. Die Summe von 12,8 Millionen Franken ist verkraftbar.»
Pascal Bassu, Stadtpräsident von Wetzikon

«Tut dem Wetziker Haushalt nicht weh»

Ruedi Keller, Leiter Finanzen + Immobilien bei der Stadt Wetzikon, erläuterte, wie die Stadt die 12,8 Mio. Franken organisieren würde. Gemäss Keller kann ein Viertel, also 3,3 Mio. Franken, aus eigenen Mitteln beigesteuert werden. Für die restlichen 9,4 Mio. Franken müsste das Geld am Fremdkapitalmarkt beschafft werden, auf das jährliche Zinsen von ca. 70'000 Franken anfallen würden. «Gesehen am Gesamtvolumen der Stadt sind 70'000 Franken nicht relevant», sagte Keller, und es werde deswegen auch keine Steuererhöhung geben. Ausserdem sei die bisherige GZO-Beteiligung von 3 Mio. Franken bereits im Jahr 2024 wertberichtigt worden.

Bassu sagte, dass dies die Ausgangslage in Wetzikon sei, es in den anderen Gemeinden jedoch anders aussehe. In Wetzikon sei man in einer verhältnismässig guten Situation und die Summe sei verkraftbar. «Die 70'000 Franken tun dem Haushalt von Wetzikon nicht weh.»

Anleihe ein «Sündenfall»

Stadtpräsident Bassu warf einen Blick zurück auf das Jahr 2014, als die GZO AG entschied, eine Anleihe in der Höhe von 170 Millionen Franken aufzunehmen, um den Spitalneubau zu finanzieren. «Im Nachhinein ist man immer schlauer. Die Anleihe war der Sündenfall», sagte Bassu schulterzuckend.

Nachdem im Frühling 2024 klar wurde, dass die GZO AG die Anleihe nicht zurückzahlen kann und der Regierungsrat das Gesuch der GZO AG, mit 180 Millionen Franken in die Bresche zu springen, ablehnte, bildeten die Aktionärsgemeinden einen Ausschuss. «Wir haben uns eigene Experten dazugeholt, weil wir uns als Milizpolitiker in der Materie zu wenig auskannten.» Gemeinsam habe man die GZO AG aufgefordert, ein Sanierungskonzept zu erstellen.

Konzept mit Abhängigkeiten

Das Sanierungskonzept, welches die GZO AG im Herbst 2024 vorgelegt hat, besteht aus drei Punkten, die sich gegenseitig bedingen:

Punkt 1: Spitalsanierung

Das Spital muss operativ saniert werden, muss also effizienter werden und Kosten senken. Da scheint das Spital die Hausaufgaben bereits gemacht zu haben.

Punkt 2: Schuldenschnitt

Die Gläubiger – das sind u.a. die Anleihegläubiger wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen sowie Bauhandwerker und Lieferanten der GZO AG – müssten auf 65 bis 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Heisst: Die GZO könnte 90 Millionen aus vorhandenen Mitteln stemmen, um die Gläubiger zufriedenzustellen.

Punkt 3: Geld von den Gemeinden

Die zwölf Aktionärsgemeinden müssen insgesamt 50 Millionen Franken einschiessen. Das Geld würde gebraucht, damit das Spital, nachdem es den Gläubigern sozusagen den letzten Rappen gezahlt hat und nichts mehr auf dem Konto hat, eine Starthilfe hat für den Weiterbetrieb des Spitals.

Mit den 50 Millionen Franken sollen u.a. die Löhne bezahlt werden können. 20 Millionen würden in den Neubau fliessen, der heute nur zu 70 Prozent fertiggestellt ist. Die restlichen 5 Millionen würden als «eiserne Reserve» zurückgelegt. Nicht verwendet werden dürfte das Geld zur Bezahlung von Gläubigern.

Die Krux: Alle drei Punkte müssen funktionieren, damit der Konkurs und damit die Schliessung des Spitals abgewendet werden kann. Würden also mehrere Gemeinden Nein stimmen oder eine grössere wie Rüti und Bubikon, wird es kritisch und die Gläubiger dürften den Nachlassvertrag ablehnen. Die Folge wäre der Konkurs.

«Der Spitalverbund ist eine klare Vorgabe an den Verwaltungsrat.»
Pascal Bassu

«Spitalverbund zwingend»

Pascal Bassu ging auch auf den Businessplan ein, den die GZO AG vorgelegt hat. Während die Gemeinden Rüti ZH und Bubikon sowie auch die Wetziker RPK von dem Businessplan nicht überzeugt sind, sieht der Wetziker Stadtrat keine Probleme damit. Er sei von Experten geprüft und als anspruchsvoll, aber machbar bezeichnet worden. Der Stadtrat glaube an eine Zukunft des Spitals. Mit dem neu gewählten Verwaltungsrat habe man Profis gewinnen können.

Zielbild müsse ein Spitalverbund sein. «Das ist eine klare Vorgabe an den Verwaltungsrat. Wir wollen, dass das GZO in zirka fünf Jahren in einem Spitalverbund ist.»

Spitäler dürften sich nicht konkurrenzieren, meinte Bassu weiter. Es fände diesbezüglich ein Umdenken statt. Doch es seien auch Veränderungen auf politischer Ebene notwendig. Dem pflichtete VR-Präsident Andreas Mika bei. «Wir brauchen auch die politische Landschaft für einen Spitalverbund. Den Markt spielen zu lassen, mag bis zu einem gewissen Punkt Sinn machen. Aber es braucht einen politischen Rahmen.»

Man müsse die Gesundheitsversorgung neu denken. Der Spitalverbund sei das erklärte Ziel, und man schaue in alle Richtungen, führe viele Gespräche. Als Spital in der Nachlassstundung sei das im Moment aber nicht einfach.

Neubau soll fertiggestellt werden

Zum Thema Neubau sagte Mika, dass es schade wäre, diesen nicht fertigzustellen. Der Bau sei weit fortgeschritten und das Risiko dadurch «überschaubar». So sei angedacht, nach Fertigstellung des Neubaus das alte Hochhaus nur noch in den ersten Etagen zu nutzen und für die oberen Stockwerke Partner zu finden.

Wie viel die Fertigstellung des Neubaus noch kosten wird und wie das Spital die Mittel dafür aufbringen will, wurde an diesem Abend nicht erläutert.

«Ich verspreche gar nichts. Ich kann nicht in die Zukunft schauen.»
Pascal Bassu

Kein Plan B

In der anschliessenden Fragerunde kamen mehrere Punkte zur Sprache. Ein Mann wollte wissen, ob man garantieren könne, dass man in ein paar Monaten nicht noch mehr Geld sprechen müsse. Bassu dazu: «Ich verspreche gar nichts. Ich kann nicht in die Zukunft schauen.» Unter den Aktionärsgemeinden sei aber klar, dass man nicht nochmal Geld beschaffen wolle. Mika sagte dazu: «Solange ich Verwaltungsratspräsident bin, wird das nicht passieren.» Ein anderer wollte wissen, ob die Stadt einen Plan B habe. Bassu dazu: «Nein, wir haben keinen Plan B.»

Haftungsansprüche an alten Verwaltungsrat?

Ein Mann auf der Empore fragte: «Die alten Verwaltungsräte haben gravierende Fehler gemacht. Gibt es eine Möglichkeit, auf sie zurückzugreifen?» Mika antwortete darauf: «Der Ruf nach einer Aufarbeitung ist gross. Da sind grosse Fehler passiert. Wir haben uns aber bewusst entschieden, uns jetzt mit allen Kräften auf die Lösung für das Spital zu konzentrieren.»

Bassu ergänzte: «Wir Gemeinden haben uns diese Frage natürlich auch gestellt. Nur dürfte es aber sehr schwer werden, ihnen eine Schuld oder Fahrlässigkeit nachzuweisen. Die Aufnahme einer Anleihe ist ja nicht verboten. Es wurden vielleicht nicht die besten Entscheidungen getroffen, aber dass man ihnen Fahrlässigkeit oder eine Schuld nachweisen kann, ist sehr schwierig.» Zudem würden rechtliche Schritte viel Geld kosten mit unklarem Ausgang. Allerdings habe man dem alten Verwaltungsrat zweimal die Décharge nicht erteilt, habe den alten Verwaltungsrat also nicht entlastet.

Frage nach der Notwendigkeit stellt sich nicht

An diesem Abend im Gotteshaus von Wetzikon schien klar: Die Frage nach der Notwendigkeit «ihres» Spitals stellt sich nicht. «Wir haben in Wetzikon schon Geld für deutlich weniger Wichtiges ausgegeben», meinte eine Frau.

Pascal Bassu verabschiedete sich mit den Worten: «Für was Sie sich auch entscheiden. Gehen Sie an die Urne!»

Barbara Tudor