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Natur & Umwelt
03.10.2025
03.10.2025 16:36 Uhr

Wer wird Vogel des Jahres 2026?

Die fünf Kandidaten für den Vogel des Jahres 2026: Eisvogel, Flussregenpfeifer, Wasseramsel, Uferschwalbe und Gebirgsstelze.
Die fünf Kandidaten für den Vogel des Jahres 2026: Eisvogel, Flussregenpfeifer, Wasseramsel, Uferschwalbe und Gebirgsstelze. Bild: BirdLife
BirdLife Schweiz hat eine Abstimmung lanciert, bei der die Bevölkerung den Vogel des Jahres 2026 wählen kann. Zur Wahl stehen fünf faszinierende Kandidaten.

Naturnahe Flüsse und Bäche sind die Lebensadern der Natur. Sie bieten unzähligen Tieren und Pflanzen Lebensraum, tragen zur natürlichen Reinigung von Wasser bei und mindern Hochwasserrisiken. Dort, wo Wasser ungehindert fliessen kann, verändert sich die Landschaft ständig. Es entstehen immer wieder neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere. An vielen Orten der Schweiz ist dies nicht mehr der Fall.

Intakter Lebensraum wichtig

Vögel sind sensible Indikatoren für den Zustand von Fliessgewässern. Wenn Arten ein intakter Lebensraum fehlt, werden sie seltener oder verschwinden. Denn sie finden keine geeigneten Brutplätze und nicht genügend Nahrung.

«Die fünf zur Wahl stehenden Vogelarten zeigen auf unterschiedliche Weise, wie es um unsere Bäche und Flüsse steht – und welche Wunder die Natur für uns bereithält», schreibt BirdLife Schweiz.

Die Gebirgsstelze gilt als «Ballerina gialla», gelbe Tänzerin. Sie ist eine elegante Wasserakrobatin. Bild: BirdLife Schweiz

Die Gebirgsstelze – die Tänzerin am Bach

Sie wippt am Ufer, als hätte sie den Rhythmus des Wassers im Körper. Die Gebirgsstelze bewegt ständig ihren Schwanz. Vielleicht, um Insekten aufzuscheuchen oder anderen Vögeln zu zeigen: «Ich seh dich». Ganz sicher ist man sich nicht, aber feststeht: Dieses Wippen gehört zu ihr. So sehr, dass sie im Englischen «wagtail» heisst, was Wedelschwanz bedeutet. Und im Italienischen «Ballerina gialla», gelbe Tänzerin.

Die Gebirgsstelze beherrscht die Kunst der Wasserakrobatik. Sie fliegt mühelos über plätschernde Bäche und stürzt sich blitzschnell ins Wasser, um Insekten oder kleine Fische zu fangen. Selbst in wilden Bergflüssen balanciert sie sicher auf den Steinen – perfekt angepasst an das Leben am Wasser.

An dynamischen, naturnahen Bach- und Flussufern mit einem Mosaik aus Steinen, Pflanzen und offenen Stellen fühlt sich die Gebirgsstelze besonders wohl.

Die Gebirgsstelze liebt lebendige Bachufer. Dort, wo Kiesbänke frei liegen, das Wasser zwischen Steinen plätschert und Wurzeln ins Ufer greifen, findet sie alles, was sie braucht. Insekten sind hier reichlich unterwegs und offene Stellen laden zur Nahrungssuche ein. Betonränder und zugebaute Ufer meidet sie dagegen. Je natürlicher und vielfältiger das Ufer, desto wohler fühlt sie sich – und mit ihr viele andere Tiere auch.

Die Gebirgsstelze brütet an geschützten Orten. Nicht nur in Felsen oder Bäumen, sondern auch in alten Mühlen und Brücken baut sie ihr Nest. Diese Orte bieten ihr Schutz vor Wind und Wetter. In Ritzen und Spalten findet sie einen sicheren Platz für ihre Eier und ist trotzdem immer nah an den klaren, lebendigen Bächen, die ihre Lebensgrundlage sind.

Die Uferschwalbe baut keine Nester, sie gräbt meterlange Brutröhren. Bild: BirdLife Schweiz

Die Uferschwalbe – sie buddelt, fliegt und flirtet

Sie gräbt meterlange Brutröhren in steile Ufer und jagt blitzschnell Insekten im Flug. Wo sie nistet, ist der Fluss lebendig – roh, wild und voller Leben.

Die Uferschwalbe baut keine Nester, sie gräbt. Mit Präzision entstehen in steilen Sandwänden bis zu einem Meter lange Brutröhren. Der Tunnelbau beginnt oft als Balz: Männchen graben vor, um Weibchen zu beeindrucken. Dann wird gemeinsam weitergebaut.

Uferschwalben sind zudem wahre Flugakrobaten. Elegant und zielsicher jagen sie Insekten im Flug. Am liebsten dort, wo es über dem Wasser summt und brummt.

Wo Uferschwalben an steilen Flussufern brüten, ist das ein Zeichen für einen lebendigen, dynamischen Fluss mit natürlichen Ufern, Sandabbrüchen und Raum für vielfältiges Leben. In der Schweiz praktisch nicht mehr zu beobachten.

Uferschwalben nisten in steilen Sand- oder Lehmwänden, ursprünglich an unverbauten Flussufern. In Kolonien graben Familien ihre eigenen Tunnel, leben aber dicht beieinander. Dieses Foto stammt aus der Türkei. In der Schweiz gibt es solche Kolonien nicht mehr, da Flüsse begradigt wurden und dieser Lebensraum verschwunden ist.

Die Wasseramsel findet ihre Nahrung unter Wasser. Sie wird deshalb auch «Taucherin der Flüsse» genannt. Bild: BirdLife Schweiz

Die Wasseramsel – fliegt und taucht

Die Wasseramsel findet ihre Nahrung unter Wasser. Dort, wo es am Bachgrund von Leben wimmelt, kommt sie gerne hin.

Die Wasseramsel ist einzigartig unter den Vögeln: Sie taucht nicht nur, sondern läuft auch unter Wasser. Mit ihren kräftigen Beinen und speziell angepassten Flügeln bewegt sie sich fast wie ein kleines U-Boot durch den Bach. Sie nutzt die Strömung geschickt, um nach Insektenlarven und anderen Beutetieren zu suchen. Sie ist eine wahre Meisterin im Unterwasserschwimmen.

Die Wasseramsel ist perfekt an ihr nasses Umfeld angepasst. Ihr Federkleid ist so dicht und wasserabweisend, dass sie selbst bei ständiger Nässe warm und trocken bleibt. Mit ihrem klaren, lauten Gesang setzt sie auch bei starker Strömung oder plätschernden Wasserfällen ein eindrucksvolles Zeichen.

Wo andere Vögel das laute Rauschen des Wassers meiden, bevorzugt die Wasseramsel gerade diese Umgebungen. Sie baut ihr Nest in unmittelbarer Nähe von Wasserfällen oder in Mauerritzen an Brücken, meist ganz nah am Wasser. Aus Moos, Gras und feinen Pflanzenteilen erschafft sie eine schützende, grüne Zuflucht für ihren Nachwuchs.

Die Wasseramsel lebt gerne an klaren, kühlen Bächen mit frischem, sauerstoffreichem Wasser. Dort, wo es am Bachgrund von Leben wimmelt, sich Insektenlarven, Kleinkrebse und andere Kleintiere zwischen Steinen, Wurzeln und Wasserpflanzen verstecken, fühlt sie sich wohl. Diese Unterwasserwelt ist ihr Jagdrevier. Dort findet sie ihre Nahrung.

Der Flussregenpfeifer ist ein Meister der Tarnung. Bild: BirdLife Schweiz

Der Flussregenpfeifer – ein Meister der Tarnung

Er braucht nur wenig zum Leben, offene Kiesbänke und Ruhe genügen ihm. Wo er ist, hat der Fluss noch Platz sich zu verändern. Sein Nest ist nur eine flache Mulde im Kies – kein Zweig, kein Moos, kein Schutz. Warum? Weil Tarnung sein bester Trick ist. Die sandfarbenen Eier sehen aus wie kleine Steine. Sie sind kaum zu erkennen, weder für Menschen noch für Fressfeinde.

Wird sein Nest von Fressfeinden entdeckt und bedroht, spielt der Flussregenpfeifer das verletzte Vögelchen. Er flattert wild am Boden, schleppt angeblich ein Flügelchen. Mit hängendem Flügel und Watschelgang lockt er Feinde vom Gelege weg. Kaum ist der Störenfried weit genug weg, fliegt er quicklebendig davon. Hollywoodreif!

Kiesinseln sind nicht nur für den Flussregenpfeifer attraktiv – auch für Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Badegäste und Hunde. Viele ahnen nicht, dass sie mitten durch ein Brutgebiet laufen. Schon kurze Störungen können dazu führen, dass der Vogel sein Nest verlässt. Damit das nicht passiert, sorgt BirdLife und andere Akteure für gezielte Besucherlenkung. Absperrungen und Informationstafeln helfen, seine Rückzugsorte zu sichern.

Der Eisvogel mit seinem schillernden Gefieder ist ein Jäger mit Präzision. Bild: BirdLife Schweiz

Der Eisvogel – Er jagt mit Präzision

Sein Name täuscht: Mit Eis hat der Eisvogel nichts am Hut. Der Begriff stammt vom althochdeutschen eisan – glänzen. Und glänzen tut er! Mit seinem schillernden Gefieder in Türkis, Blau und Orange wirkt er wie ein lebendig gewordenes Juwel. Ein seltener Anblick, der sofort verzaubert.

Der Eisvogel lebt fürs Wasser, wo er sich fast ausschliesslich von Fischen ernährt. Er sitzt reglos auf seinem Ansitz, dann – zack! – stürzt er kopfüber ins Nass und kommt mit einem Fisch im Schnabel wieder hoch. Sein Lieblingsgewässer: glasklar, langsam fliessend, mit reichlich kleinen Fischen.

Mit seinem leuchtenden Gefieder und pfeilschnellem Jagdflug ist er ein Naturmoment zum Innehalten. Mit etwas Glück kann eine faszinierende Beobachtung in den BirdLife-Naturzentren La Sauge oder Klingnauer Stausee gelingen.

Sein Nest baut der Eisvogel nicht in Bäumen, sondern in steilen, unbewachsenen Uferwänden. Dort gräbt er 40 bis 80 Zentimeter lange, leicht ansteigende Brutröhren. Der Eisvogel ist kein Kolonietyp. Er mag’s lieber ruhig. Aber in der Brutzeit gibt er alles: Er zieht zwei bis drei Bruten pro Jahr gross!

Wo ein Eisvogel brütet, ist die Welt am Wasser noch in Ordnung. Er zeigt: Hier lebt der Fluss. Doch genau diese naturnahen Gewässer sind bedroht. Verbaute Flüsse, fehlende Uferstrukturen und menschliche Störungen machen es ihm schwer. Weil natürliche Steilwände immer seltener werden, hilft BirdLife mit gezielt angelegten Brutwänden oder freigelegten Uferabbrüchen nach.

Zürioberland24/bt