Dem Mädchen eine Stimme geben
«Mit dem Älterwerden wurden auch die Erinnerungen an die Kindheit geweckt, die doch aussergewöhnlich war», erzählt Myriam Russo gegenüber der Wetziker Post. «Wenn ich dann mal Zeit habe, sagte ich mir, werde ich ein Buch darüber schreiben.»
Dabei habe sie zu Beginn überhaupt nicht gewusst, in welcher Form diese Aufzeichnungen sich präsentieren würden. «Ich hatte nur die Anfangsszene vor meinem geistigen Auge: wie der silberne Citroën den Kiesweg zum Idaheim fährt. Das war alles.» Als sie gedanklich zum Idaheim zurückkehrte, hätten sich die Episoden Stück für Stück ergeben.
Auf die Frage, was ihr beim Aufschreiben ihrer Kindheitsgeschichte wichtig war, sagt Russo: «Wichtig war mir, dem kleinen Mädchen Myriam eine Stimme zu geben. Sie soll endlich erzählen dürfen, wie ihr Leben damals war, und sie soll es aus ihrer ganz eigenen Perspektive erzählen dürfen. Es war kein einfaches Leben. Aber mir war wichtig, dass die Art und Weise, wie sie die Geschehnisse erzählt, weder larmoyant noch anklagend ist. So wie die Autorin eben auch nicht ist.»
Keine Anklageschrift
Es sei keine Anklageschrift dem Heim gegenüber, sondern das Buch soll Zeuge eines bestimmten Zeitabschnittes in ihrem Leben und der damaligen Gesellschaft sein. «Auch wenn die Startbedingungen nicht leicht sind, sollte man trotzdem versuchen, sein eigenes Leben mitzugestalten, seine innere Autonomie zu bewahren und Zugang zu seinen Potenzialen zu finden.»