Ein kühler Herbstmorgen im bernischen Neuenegg. Zwischen Nebelschwaden leuchten die goldenen Lärchen und rötlichen Ahorne, Brombeerranken hängen über den schmalen Pfad. «Hier ist Parzelle Nummer 129», sagt Dr. Kathrin Streit und öffnet mit einem Schlüssel die umzäunte Fläche.
Die Forstwissenschaftlerin der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in Birmensdorf betreut eines der grössten Waldforschungsprojekte der Schweiz: Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten.
56 Testparzellen
Die Fläche Nummer 129 gehört der Burgergemeinde Bern. Neuenegg ist eine von 56 Testparzellen, die über die ganze Schweiz verteilt sind – von den Niederungen bis in die Alpen. So kann das Wachstum von Baumarten in allen Höhenlagen untersucht werden. Sechs dieser Testflächen sind besonders gross, hier wachsen alle 18 Baumarten des Versuchs.
Die ersten Setzlinge kamen im Herbst 2020 in den Boden, weitere folgten bis Frühjahr 2023. Insgesamt über alle Testflächen verteilt 55’000 Bäumchen – winzige Hoffnungsträger für die Wälder der Zukunft.
Kathrin Streit bleibt vor einer Gruppe junger Douglasien stehen. «Diese hier haben sich gut entwickelt», sagt sie und prüft die Nadeln. Andere Arten hatten weniger Glück: Besonders die Baumhasel zeigt viele Ausfälle, der Bergahorn dagegen trotzt Trockenheit und Kälte erstaunlich gut.
Jedes Jahr messen die Forschenden sorgfältig nach – sie untersuchen, ob sie Frassspuren aufweisen, ob ihr Mitteltrieb abgestorben ist und, ob die Pflanzen überhaupt noch leben. «Die Datenmenge ist riesig und damit dauert eine vollständige Inventur Monate», seufzt Kathrin Streit. «Aber sie ist entscheidend, um verlässliche Aussagen zu treffen», ergänzt sie.