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Gossau ZH
03.11.2025
03.11.2025 20:45 Uhr

Jörg Kündig: «Habe versucht, Lösungen herbeizuführen»

Kaum Selbstkritik: Jörg Kündig im Interview mit Zürioberland24 zu seiner erneuten Kandidatur als Gemeindepräsident von Gossau ZH. (Archivbild)
Kaum Selbstkritik: Jörg Kündig im Interview mit Zürioberland24 zu seiner erneuten Kandidatur als Gemeindepräsident von Gossau ZH. (Archivbild) Bild: Kanton ZH
Jörg Kündig will vier weitere Jahre Gemeindepräsident von Gossau ZH sein, obwohl er vor allem wegen dem GZO-Debakel in der Kritik steht. Zürioberland24 hat ihn zu seiner Kandidatur befragt.

Jörg Kündig (FDP) will es nochmal wissen: Trotz grosser Fragezeichen hinsichtlich seiner Arbeit als ehemaliger Verwaltungsrats-Präsident der GZO AG, kandidiert der 65-Jährige erneut um das Amt des Gemeindepräsidenten für die Amtszeit 2026–2030. Zürioberland24 wollte wissen, was ihn zur erneuten Kandidatur bewogen hat und warum er denkt, der Richtige für den Job zu sein.

Zürioberland24: Herr Kündig, was hat Sie dazu bewogen, für die Erneuerungswahlen wieder anzutreten?

Jörg Kündig: Das Gemeindepräsidium ist eine tolle Aufgabe. Gemeinsam zu entwickeln, zu gestalten, aber einfach auch der Austausch mit den Menschen, die in Gossau leben, ist sehr wertvoll und bereichernd. Die Freude an dieser Aufgabe, aber auch das Ziel, mit meiner Erfahrung und dem Netzwerk Gossau zusammen mit einem guten, neuen Team in diese nächste Entwicklungsstufe zu führen. Die Erfahrung wird mir helfen, die anstehenden Herausforderungen zusammen mit einem möglicherweise veränderten Team zu meistern.

Was sind Ihrer Meinung nach Ihre grössten Erfolge in den letzten 23 Jahren als Gemeindepräsident von Gossau, wo sind Sie nicht zufrieden mit sich selbst?

Als Gemeindepräsident bin und war ich immer Teil eines Gremiums. Die Einwohnerzahl hat sich in den letzten Jahren von unter 9'000 bis 10'600 entwickelt. Die Infrastruktur konnte entsprechend angepasst werden und das Miteinander wurde gestärkt. Besonders sind immer bauliche Entwicklungen, Sanierungsmassnahmen und Neubauten (u.a. Feuerwehrgebäude, Unterkunft Rössliwiese) für die Gemeinde, die gut gelingen.

Der Schritt in die Einheitsgemeinde, ein Projekt wie eine eigene Dreifach-Turnhalle, aber auch eine Senkung des Steuerfusses sind sicherlich Besonderheiten mit positiven Auswirkungen für die gesamte Bevölkerung.

Ebenfalls meine ich, ist es gut gelungen, die nicht einfachen Krisensituationen wie COVID oder Energiemangel zu bestehen und die Resilienz der Gemeinde zu verbessern. Und schliesslich verfügen wir über aktuelle Bau- und Zonenordnungen und Verkehrsplanungen. Auch im übergeordneten Rahmen konnten wir uns gestalterisch einbringen.

Nicht glücklich bin ich mit der Tatsache, dass es nicht gelingen will, in der Gemeinde einen tragfähigen Konsens über den Verkehr zu erreichen.

31 Jahre im Gemeinderat, 23 Jahre als Präsident, dazu diverse andere Mandate. In diesem Jahr sind Sie 65 geworden. Wieso noch einmal eine Amtszeit?

Ich bin dankbar, dass ich gesund und fit bin. Damit fühle ich mich in der Lage, mich, meine Erfahrungen und mein Netzwerk da einzubringen, wo es hilfreich und notwendig ist.

Was sagen Frau und Familie zur erneuten Kandidatur?

Sie tragen sie mit und unterstützen mich. Ohne diese grosse Unterstützung, in den vergangenen Jahren und auch künftig, ist es nicht möglich, die Aufgabe als Gemeindepräsident so intensiv auszuführen, wie ich es tue.

Das Budget 2025 wurde nur mit massiven Änderungen gutgeheissen, in diesem Jahr wurde eine Schuldenbremse gefordert und eingeführt. Unter anderem der immer grösser werdende Personalapparat ist den Bürgern ein Dorn im Auge. Um die Gemeindefinanzen ist es schlecht bestellt, die Aussichten alles andere als rosig. Das stellt Ihnen als Gemeindepräsident und als Inhaber einer Finanzberatungs- und Treuhandfirma kein besonders gutes Zeugnis aus…

Das scheinen mir kühne Behauptungen, die es zu berichtigen gilt. Seit 2015 wurden regelmässige Jahresüberschüsse erzielt. Auch für 2025 ist ein Jahresüberschuss in Bereich von 800'000 Franken zu erwarten. 2023 konnten die Steuern zudem um 2 Prozent gesenkt werden. Die Verschuldung der Gemeinde Gossau hat sich deutlich reduziert von über 30 Millionen auf jetzt noch rund 18 Millionen Franken. Die Infrastruktur ist in Ordnung. Die Arbeit des gesamten Gemeinderates auf diese Art und Weise zu diskreditieren, ist nicht in Ordnung.

«Mit grossem Engagement und dem nötigen Kampfgeist habe ich in den letzten Monaten, in denen ich die Aufgabe als Verwaltungsratspräsident der GZO AG innehatte, versucht, Lösungen herbeizuführen.»
Jörg Kündig

Sie waren von 2006 bis 2024 Verwaltungsrats-Präsident der GZO AG und in dieser Funktion massgeblich mitverantwortlich für die strategischen Entscheide und für die (finanzielle) Entwicklung des Spitals. Heute steht es vor dem Abgrund. Glauben Sie, dass Ihnen Ihre bisherige Wählerschaft nach all dem noch vertraut?

Die GZO Spital Wetzikon AG ist eine gut aufgestellte Unternehmung mit einem umfassenden Leistungsauftrag und Mitarbeitenden, die einen tollen Job machen. Ich durfte lange Jahre meinen Beitrag leisten. Mit grossem Engagement und dem nötigen Kampfgeist habe ich in den letzten Monaten, in denen ich die Aufgabe innehatte, versucht, Lösungen herbeizuführen. Ich bin sicher, dass es gelingen wird, die aktuell schwierige Situation zu bewältigen.

«Wir sind durchaus offen für neue Lösungen.»
Jörg Kündig

Die erneuten Kandidaturen wertet der Gemeinderat in seiner Mitteilung positiv als «personelle Kontinuität» und «politische Beständigkeit». Kritiker könnten Ihre erneute Kandidatur auch als Stillstand und Verhinderung für Neues sehen. Ihre Meinung?

Es ist mein und aller Interesse, die Gemeinde für die künftigen Herausforderungen auszurichten. Dabei sind wir durchaus offen für neue Lösungen. Das war im aktuellen Gemeinderat schon so und wird es auch inskünftig sein.

Politikerin und Schulpflege-Mitglied Andrea Hadorn-Stuker sagte neulich gegenüber Zürioberland24, dass nur zwei Frauen im Gemeinderat zu wenig seien. Mit dem Rückzug von Elisabeth Pflugshaupt könnte es künftig gar noch eine einzige Frau im Gemeinderat sein. Hadorn sprach sich ausserdem für einen regelmässigen Wechsel an der Spitze des Gemeinderats aus. Was sagen Sie dazu?

Entscheidend für die Besetzung der Gremien sind einerseits die Reglemente von Kanton und Gemeinde, anderseits die Verfügbarkeit von Kandidatinnen und Kandidaten.

«Wichtig ist für mich, Gossau unverändert als Gemeinde zu erhalten.»
Jörg Kündig

Sollten Sie am 8. März wiedergewählt werden: Was sind Ihre drei wichtigsten Ziele für die neue Amtszeit und wie wollen Sie sie erreichen?

Wichtig ist für mich, Gossau unverändert als Gemeinde zu erhalten, welche mit seinen Vereinen und seinem Miteinander aussergewöhnlich ist und das Leben in unserer Gemeinde lebenswert macht.

Als zweites muss es darum gehen, die Gemeinde auf das zu erwartende Wachstum auszurichten. Die zahlreichen Bauprojekte lassen einen deutlichen Zuwachs der Bevölkerung erwarten. Dieses muss bewältigt werden und wird insbesondere für die Infrastruktur zur Herausforderung.

Und drittens, das Sicherstellen einer guten Grundversorgung der Bevölkerung in Gossau, sowohl im Gesundheitsbereich, als auch bei Ver- und Entsorgung und dem öffentlichen Verkehr. Dies unter Beachtung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen und Umwelt.

Barbara Tudor