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Natur & Umwelt
25.10.2025
25.10.2025 08:02 Uhr

Verborgene Schätze im Acker

Seltene Ackerpflanzen wie Venus-Frauenspiegel, Feld-Löwenmaul oder das Sommer-Adonisröschen (Bild) kommen in der Schweiz meist nur noch in ertragsärmeren Regionen wie Wallis oder Schaffhausen vor.
Seltene Ackerpflanzen wie Venus-Frauenspiegel, Feld-Löwenmaul oder das Sommer-Adonisröschen (Bild) kommen in der Schweiz meist nur noch in ertragsärmeren Regionen wie Wallis oder Schaffhausen vor. Bild: Naturschutz.ch
Roter Zahntrost, Schlangenmaul oder Venus-Frauenspiegel kennen heutzutage viele Leute nicht mehr. Diese Pflanzen sind Teil des Lebensraums Acker und haben viele wertvolle Eigenschaften. Doch die Vielfalt der Ackerbegleitpflanzen ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen.

Der Getreideanbau in der Schweiz blickt auf eine über 7000-jährige Tradition zurück. Schon in der Jungsteinzeit bauten sesshafte Bauern Emmer und Einkorn an. Wie naturnetz.ch schreibt, waren damals die Äcker klein, arbeitsintensiv und brachten geringe Erträge. Anders als heute waren die Felder damals bunt: Kornblumen, Mohn, Rittersporn und Ackerhahnenfuss wuchsen zwischen dem lückigen Getreide.

Durch die offene Struktur fiel viel Licht auf den Boden – ideale Bedingungen für zahlreiche einjährige Pflanzenarten, die heute als Ackerbegleitflora bekannt sind. Diese Arten haben sich über Jahrtausende an die Bewirtschaftung durch den Menschen angepasst. Sie sind sogenannte Pionierpflanzen, deren Lebenszyklus eng mit dem Getreide verbunden ist. Ihre Samen können über Jahrzehnte im Boden ruhen und bei günstigen Bedingungen keimen.

Rückgang durch Intensivierung

In den letzten hundert Jahren hat sich der Ackerbau stark verändert und intensiviert. Die wachsende Bevölkerung wurde durch höhere Erträge, intensivere Düngung, neue Sorten und Herbizide versorgt. Heute prägen dichte, unkrautfreie Monokulturen die Felder, was den Lebensraum für die Ackerbegleitflora stark einschränkt. Viele dieser Pflanzenarten sind dadurch selten geworden oder sogar vom Aussterben bedroht.

Faszinierende Arten und ihre Förderung

Einige dieser Pflanzen sind so selten, dass sie nur durch gezielte Förderprogramme geschützt werden können. Der Verein Hot Spots setzt sich für den Erhalt artenreicher Kulturlandschaften ein und unterstützt Landwirtschaftsbetriebe in den Kantonen Zürich und Schaffhausen bei der Förderung der Ackerflora. Ziel ist es, diese wertvollen Lebensräume langfristig zu bewahren.

Die Förderung muss direkt auf den Anbauflächen erfolgen und verbindet Naturschutz mit landwirtschaftlicher Praxis. Ackerflora benötigt regelmäßigen Pflugeinsatz und mehr Licht am Boden als in ertragsreichen Monokulturen üblich.

Ein Beispiel ist die Acker-Waldnelke, deren weisse Blüten abends für nachtaktive Falter Nahrung bieten. Die Art gilt als gefährdet und kommt in der Region Rafzerfeld im Kanton Zürich noch vor. Dort berät der Verein Landwirtinnen und Landwirte, wie die Bewirtschaftung die Ackerflora unterstützen kann.

Ansprüche und Herausforderungen

Damit sich Arten wie die Acker-Waldnelke erfolgreich vermehren, sollten nach der Ernte Stoppeln einige Wochen stehen bleiben, bevor umgebrochen wird. Gleichzeitig gilt es, Problemunkräuter wie Ackerkratzdisteln zu kontrollieren, da diese den Ertrag der Kulturpflanzen stark beeinträchtigen können. Pflanzen, die den Ertrag nicht beeinträchtigen, fördern dagegen die Biodiversität und Bodenqualität.

Praktische Fördermassnahmen

Die Wahl der Kulturpflanzen und Sorten spielt eine wichtige Rolle. Ältere, langstrohige Getreidesorten wie Emmer, Einkorn, Roggen oder Hafer bieten der Ackerflora bessere Wachstumsbedingungen, da sie weniger dicht stehen als moderne Sorten.

Wendende Bodenbearbeitung bringt Samen seltener Arten aus tieferen Schichten wieder an die Oberfläche und aktiviert das Samenpotenzial. Besonders auf ertragsärmeren Böden, die sich für intensive Landwirtschaft weniger eignen, können seltene Ackerpflanzen gut gefördert werden.

Ökosystemdienstleistungen und Lebensraum für Tiere

Ein blühender Acker bringt viele Vorteile: Er schützt den Boden vor Erosion, verhindert die Ausbreitung hartnäckiger Unkräuter und bietet Lebensraum für Bestäuber und andere Nützlinge. Zum Beispiel besuchen Hummeln gerne Rote Taubnessel oder Mohn, und der Kleine Perlmutterfalter legt seine Raupen nur auf das Ackerstiefmütterchen ab.

Auch bodenbrütende Vögel wie Grauammer, Wachtel oder Feldlerche finden in Samen von Erdrauch oder Weissem Gänsefuss wichtige Nahrung. Laufkäfer, die Schädlinge fressen, nutzen die bewachsenen Felder als Versteck.

Wer aufmerksam durch die Landschaft geht, entdeckt auf Feldern, an Feldrändern oder kleinen Hügeln manchmal diese verborgenen Schätze der Natur. Naturschutz.ch empfiehlt daher den Schutz und die gezielte Förderung der Ackerbegleitflora, um die Biodiversität zu erhalten und eine lebendige Kulturlandschaft zu fördern.

Zürioberland24/gg