Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Natur & Umwelt
06.09.2025

Goldener Sommer in der Schleuder

Thomas Wegmüller mag die Ruhe beim Imkern.
Thomas Wegmüller mag die Ruhe beim Imkern. Bild: LID
Der süsse Duft von Honig liegt in der Luft während Thomas Wegmüller eine verdeckelte Bienenwabe betrachtet. In der kleinen Schleuderküche in Wichtrach im Kanton Bern beginnt einer der Höhepunkte im Bienenjahr: das Honigschleudern.

«Jetzt im Juli und August holen wir den Waldhonig aus den Kästen», erklärt Thomas Wegmüller, «im Frühling war der Blütenhonig dran.» Mit einer ruhigen Hand setzt er die Wabe auf den Tisch. Die Bienen haben den Honig über Wochen im oberen Teil des Kastens eingelagert, sorgfältig verschlossen mit einer feinen Wachsschicht. Unten im «Wohnzimmer» ziehen sie ihre Brut auf – der Vorrat für den Imker ist also klar getrennt von der Kinderstube des Volkes.

60 bis 70 Tonnen Wachs pro Jahr

Die Bienen produzieren das Wachs selbst. Winzige Plättchen schwitzen die Arbeitsbienen aus speziellen Drüsen am Hinterleib. Draus entstehen die sechseckigen Waben – perfekte kleine Vorratskammern für Honig und Pollen. «Jedes Jahr brauchen wir Imker in der Schweiz 60 bis 70 Tonnen Wachs, allein für die neuen Mittelwände, die wir den Bienen als Bauhilfe geben», sagt Wegmüller.

Biene sammelt Nektar und Pollen auf einer Apfelblüte. Bild: LID

Wachs entfernen und recykeln

Nun aber steht der nächste Schritt an: Die schützende Wachsschicht muss weg. Mit einer Entdeckelungsgabel fährt Thomas Wegmüller vorsichtig von unten nach oben über die Wabe. Der goldene Honig kommt zum Vorschein. Das Wachs an der Gabel streift Thomas Wegmüller ab, es wird später zur Produktion von neuen Mittelwänden wieder eingeschmolzen.

Thomas Wegmüller imkert seit 17 Jahren. Heute bereut er acht Bienenvölker als Hobbyimker, welche in Wichtrach stehen.

«Imkern ist nichts für Jufler.»
Thomas Wegmüller, Imker
Die feine Wachsschicht auf der Honigwabe wird entfernt. Bild: LID

Imkern ist nichts für Jufler

Nach dem Entdeckeln stellt der Imker die Honigwabe in die Schleuder. Dort stehen bereits viele andere Waben. Dann lässt er die Schleuder an – zuerst langsam und dann etwas schneller.

Mit Hilfe der schnellen Drehbewegung wird der Honig aus den Waben geschleudert. Und schon bald fliesst unten an der Schleuder beim Dosierhahn der dickflüssige Honig ganz langsam heraus.

«Warum machst du das eigentlich?», frage ich den Imker. «Ich habe dieses Hobby für mich bewusst ausgewählt, weil es ruhig und langsam ist – es entschleunigt mich», sagt Thomas Wegmüller. «Imkern ist nichts für Jufler», meint er schmunzelnd.

Aus gesundheitlichen Gründen ist Wegmüller frühpensioniert worden und hat sich eine sinnvolle und ruhige Tätigkeit gesucht.

Aktuell präsidiert er den Verband der Bernischen Bienenzüchtervereine. In der Imkerküche, in welcher wir uns befinden, hängen verschiedene Infoposter an den Wänden und Broschüren und Fachbücher stehen im Gestell. Dies, weil der Besitzer der Imkerküche hier Imkergrundkurse durchführt.

Die Waben drehen in der Radialschleuder zuerst in eine Richtung und dann noch in die andere Richtung, damit aller Honig herauskommt. Bild: LID

Bienen lecken Honigtau von Läusen

Der Honig fliesst nach dem Schleudern durch zwei Siebe. Dies, damit keine Wachsreste im Honig verbleiben. Der Honig ist dickflüssig, auch weil die Temperatur gerade etwas kühler ist. Seine dunkle Farbe sagt aus, dass es Waldhonig ist.

Waldhonig produzieren die Bienen im Sommer. Dabei schlecken sie von verschiedenen Läusen ihre Ausscheidungen, auch Honigtau genannt, auf. Hast du schon einmal ein klebriges Buchenblatt abgeleckt? Ganz schön süss, nicht wahr? Das lieben die Bienen ebenfalls.
 

Nach dem Schleudern werden Wachsreste herausgesiebt. Bild: LID

Qualitätshonig ist geprüft

Nach dem Schleudern und Filtern misst der Imker auch noch den Wassergehalt im Honig mit einem Refraktometer. Gemäss Lebensmittelgesetz darf der Honig höchstens 20 Prozent Wasser enthalten. Qualitätshonig darf sogar nur 18,5 Prozent haben. Der soeben geschleuderte Honig hat sogar nur 14,8 Prozent Wasser. «Der ist ja besonders süss», sagt Thomas Wegmüller mit einem gewissen Stolz.

Anschliessend füllt der Imker den Honig direkt in Gläser ab. Nach dem Verschliessen wird der Deckel mit dem Qualitätssiegel versehen. Dieses goldene Siegel von Apisuisse, dem Dachverband der schweizerischen Bienenzüchtervereine, bürgt für saubere, rückstandsfreie Qualität und schonende Verarbeitung. Dafür werden die Betriebe regelmässig kontrolliert.

Langsam fliesst der dunkle flüssige Waldhonig ins Glas. Das Abfüllen ist Handarbeit. Bild: LID

Bienen erhalten Zuckerwasser

Nun ist die Flugsaison für die Honigbienen zu Ende und sie werden für den Winter vorbereitet. Der Imker gibt den Bienen eine Zuckerlösung mit Zusätzen, damit sie den Winter gut überstehen. «Würden sie Honig erhalten, könnte es sein, dass sie die Ruhr bekommen – eine Art Durchfall», erklärt Thomas Wegmüller. Den Zuckersirup brauchen die Bienen zum Aufheizen ihres Volkes. Damit bringen sie die Bruttraube im Bienenkasten auf eine konstante Temperatur von 34 bis 35°C im Winter.

Das Summen der Bienen hat sich gelohnt

Wenn die Gläser mit goldenem Honig gefüllt im Regal stehen, ist für Thomas Wegmüller klar: Das Summen seiner Bienen hat sich gelohnt – und bald geniessen die Menschen in der Region die süsse Arbeit seines Volkes auf dem Frühstücksbrot.

Das goldene Siegel bezeugt die Qualität des Honigs. Bild: LID
LID/gg