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Natur & Umwelt
04.01.2025
04.01.2025 16:36 Uhr

Die Hain-Schnirkelschnecke ist Tier des Jahres 2025

Schnecken wie die Hain-Schnirkelschnecke sind wichtig für unsere Böden.
Schnecken wie die Hain-Schnirkelschnecke sind wichtig für unsere Böden. Bild: Pro Natura
Die Hain-Schnirkelschnecke (Cepaea nemoralis) ist eine jener unzähligen Arten, die unsere Böden fruchtbar und lebendig halten. Die kleine «Bodenmacherin» wirbt 2025 für einen respektvollen Umgang mit der Biodiversität unter unseren Füssen.

Weit verbreitet, aber wenig beachtet: Die Hain-Schnirkelschnecke ist überall in der Schweiz zu Hause. Sie besiedelt unterschiedliche Lebensräume von lichten Wäldern über vielfältiges Agrarland bis zu naturnahen Gärten. Höhere Lagen ab 900 Metern über Meer meidet sie.

Grundlage, auf der wir stehen

Die Hain-Schnirkelschnecke nimmt über ihre raue Raspelzunge tote oder welke Pflanzenteile, Pilze, Moose und gelegentlich Aas auf. Sie ist Teil jener enormen Vielfalt an Lebewesen, die organisches Material abbauen und dem Boden zuführen. Damit ist sie laut Pro Natura eine «Bodenmacherin».

Dem Boden mehr Sorge tragen

Die Biodiversität im Boden sichert die Grundlage, auf der wir buchstäblich alle stehen. «Wo der Boden durch Versiegelung, schwere Maschinen oder Pestizideinsatz geschädigt wird, leiden Arten wie die Hain-Schnirkelschnecke», schreibt Pro Natura weiter. Deshalb ruft Pro Natura mit dem Tier des Jahres 2025 dazu auf, dem Bodenleben mehr Sorge zu tragen.

3,5 km pro Stunde

Die Hain-Schnirkelschnecke bewegt sich auf ihrem muskulösen Fuss vorwärts, immer auf dem selbst produzierten Schleimteppich gleitend. Sie kann selbst Messerschneiden unbeschadet überkriechen.

Eine Hain-Schnirkelschnecke legt etwa 3.5 Meter pro Stunde zurück. Schnecken können je nach Bedarf Schleim in unterschiedlichen Zusammensetzungen produzieren: Als «Reiseteppich», bei der Paarung, als Abwehrmittel, bei Verletzungen.

Schönheit in mehreren Farben

Hain-Schnirkelschnecken gehören mit einem Häuschen-Durchmesser von rund 2.5 Zentimetern zu den grösseren einheimischen Schneckenarten. Ihr schmuckes rechtsgedrehtes Häuschen trägt bis zu fünf dunkle Bänder und variiert in seiner Farbe von cremig-weiss bis pastellrot.

Als Unterscheidungsmerkmale von der sehr ähnlichen Garten-Schnirkelschnecke eignen sich Gehäusemund und -nabel. Sie sind bei der Hain-Schnirkelschnecke stets dunkel gefärbt. Das Schneckenhaus ist nicht nur der Rückzugsort der Schnecke bei Trockenheit oder Kälte. Das Kalkgehäuse enthält auch Herz, Leber, Lunge, Magen und Niere des Tieres.

Das schmucke rechtsgedrehte Häuschen der Hain-Schnirkelschnecke trägt bis zu fünf dunkle Bänder und variiert in seiner Farbe von cremig-weiss bis pastellrot. Bild: Pro Natura

Gewusst?

Es gibt vereinzelt sogenannte Schneckenkönige, bei denen das Häuschen links- statt rechtsgedreht ist. Bei diesen Schnecken sind auch die Organe im Häuschen spiegelverkehrt angeordnet.

Im Winter zieht sich die Hain-Schnirkelschnecke zurück und verfällt bei tiefen Temperaturen in eine Winterstarre.

Bis sechs Jahre alt

Zur Paarungszeit im Frühling oder Herbst bieten die Hain-Schnirkelschnecken ein erstaunliches Schauspiel. Bevor die zwittrigen Tiere Samenpakete austauschen, liebkosen sie einander stundenlang, inklusive Stimulation mit einem Liebespfeil aus Kalk.

Später legen sie einige Dutzend Eier in eine selbst gegrabene Erdhöhle. Die winzigen Jungschnecken schlüpfen nach drei Wochen. Die Hain-Schnirkelschnecke wird mit drei Jahren geschlechtsreif. Sie kann in der Natur etwa sechs Jahre alt werden.

Die Augen der Hain-Schnirkelschnecke sitzen auf dem oberen Fühlerpaar. Die Sehfähigkeit der Schnecke ist allerdings gering. Der Tast- und der Geruchssinn sind dagegen sehr ausgeprägt. Bild: Pro Natura

Wunder Bodenleben

Unglaublich, aber wahr: In einer Handvoll Erde wuseln etwa 10 Milliarden Lebewesen. Zwei Drittel aller bekannten Arten der Welt leben im Boden. Zur Bildung von fruchtbarem Boden tragen Arten wie die Hain-Schnirkelschnecke bei, indem sie organisches Material rezyklieren. Der schweizerische Bundesrat hält in seiner «Bodenstrategie 2020» fest, dass der gegenwärtige Umgang mit den Böden nicht nachhaltig sei: Sie werden durch Bautätigkeit zerstört oder durch Erosion, Verdichtung und Schadstoffe belastet.

Vielfalt in der Schneckenwelt

Gemäss Pro Natura sind in der Schweiz bisher 254 Schneckenarten nachgewiesen worden. Schnecken besiedeln praktisch alle Lebensräume der Schweiz, vom Grundwasser über Seen und Flüsse, Wälder und Wiesen bis hinauf ins Hochgebirge. Die Gletscher-Glasschnecke lebt sogar im ewigen Eis. Rund 40 Prozent der Schneckenarten der Schweiz sind laut Pro Natura bedroht.

Zürioberland24/bt