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Schweiz/Ausland
19.08.2024

St.Galler Regierung verteidigt das Wolfsreisli nach Russland

Sind die St. Galler nun die besseren Jäger? Die Wölfe bleiben auf jeden Fall vorsichtig.
Sind die St. Galler nun die besseren Jäger? Die Wölfe bleiben auf jeden Fall vorsichtig. Bild: Pixabay: 5500589
Welchen Nutzen hatte eine «Studienreise» des Kantons St. Gallen nach Russland, um mehr über die Wolfsjagd zu erfahren? Die Regierung liefert Antworten - und lässt Fragen offen.

Die Geschichte war abenteuerlich und nur schwer nachvollziehbar – und sie unterwanderte die Glaubwürdigkeit der St. Galler Kantosnregierung.

Zur angeblichen «Weiterbildung» über das Prinzip der Lappjagd nahm der Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons St.Gallen zusammen mit einem Wildhüter an einer mehrtätigen Wolfsjagd in Russland teil.

Fünf Tage Praxis

Die fünftägige Reise wurde während der Arbeitszeit durchgeführt und von Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner bewilligt. Dass die Teilnehmer die Kosten selber deckten, konnte das öffentliche Unverständnis kaum mildern.

Politische Anfragen

Meinrad Gschwend aus Altstätten und Thomas Schwager aus St.Gallen sowie Walter Freund aus Eichberg und Sepp Sennhauser aus Wil reichten Ende April je eine Interpellation ein und forderten die Regierung dazu auf, sich zu verschiedenen Fragen zu äussern.

Die Antworten liegen nun vor

Auf die Frage nach dem Nutzen der Reise, sagt die Regierung unter anderem, dass sich die Lappjagd vor allem in flachem Gelände, wie es auch im Kanton St. Gallen zu finden ist und wo in naher Zukunft mit Wölfen zu rechnen ist, eigenen würde. Angesichts der zu erwartenden Besiedlung des Flachlands durch Wölfe sei es sinnvoll, die Methode der Lappjagd zumindest zu kennen.

Ein Versuch wert

Für den Fall, dass mehrere Wölfe eines Rudels gleichzeitig erlegt werden müssen, sei der Einsatz der Lappjagdmethode «wenigstens einen Versuch wert».

Auf die Frage, ob die Regierung die Meinung teile, dass dem Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei die Undurchführbarkeit der Lappjagd in der Schweiz schon vor der Studienreise hätte bewusst sein müssen, antworten sie: «Nein».

Sehr wertvolle Erfahrungen - angeblich

Die politische Vorgabe, mehrere Wölfe eines Rudels zu eliminieren, stelle eine grosse Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund seien praktische Erfahrungen und der Austausch mit erfahrenen Wolfsjägerinnen und Wolfsjägern, wie sie auf der Studienreise gemacht werden konnten, sehr wertvoll.

Die Weiterbildung habe das Ziel erreicht, ein besseres Verständnis für diese Jagdmethode zu entwickeln und zu prüfen, wie sie an die Verhältnisse in der Schweiz angepasst werden könne.

Gesellschaftskultureller Wert der Reise

Der Beobachter aus der Halbdistanz reibt sich verwundert die Augen - und fragt sich: Muss man wirklich nach Russland reisen, um diese Erfahrungen zu sammeln? Oder war der  Wert der Reise vielleicht nicht doch eher im gesellschaftskulturellen Bereich anzusiedeln?

Thomas Renggli